Laut Bernd Fitzenberger, dem Direktor des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung(IAB) in Nürnberg, bevorzugen die Arbeitgeber, dass die Mitarbeiter nach den letzten drei Jahren wieder ins Unternehmen zurückkehren. Zahlreiche Mitarbeiter möchten im Homeoffice bleiben.

Wie können Arbeitgeber das ändern?

Die einzige Möglichkeit ist, das Arbeiten im Büro interessanter für die Arbeitnehmer zu gestalten. Bei Bewerbungsgesprächen wird die Arbeit im Homfeoffice sogar als Bedingung gestellt. Das liegt vor allem an der großen Zeitersparnis. Das kommt natürlich hauptsächlich Familien mit Kindern zugute. Diese Erkenntnis stammt aus einer internationalen Studie, die das US Wissenschaftsnetzwerk „National Bureau of Economic Research (NBER)“ vom Januar 2023. Mehr als 2000 Beschäftigte wurden über Ihren Fahrtweg von und zur Arbeit sowie die Nutzung der gewonnen Zeit befragt.

Wofür wurde die gewonnene Zeit verwendet?

Im Durchschnitt wurden 65 Minuten eingespart. Davon wurden 20 Minuten für mehr Arbeit genutzt. Für die Haushaltsarbeit wurden zehn Minuten verwendet. Die restlichen fünf Minuten wurden für die Pflege von Angehörigen oder die Kinderbetreuung genutzt. Die Deutschen nutzen den Hauptteil der gewonnen Zeit, also 30 Minuten für die Freizeit. Diese Zeit wird für Sport im Freien, zum Lesen oder für das Fernsehen genutzt.

Wie können Unternehmen die Arbeit im Büro attraktiver gestalten?

Die Menschen lieben ihr neues Freizeitplus. Umso schwieriger ist es, die Arbeitnehmer dazu zu bewegen, wieder mehr im Büro präsent zu sein. Laut IAB-Direktor Fitzenberger geht das nur über die sogenannte „Präsenzrendite“. Das bedeutet, dass an einem bestimmten Tag in der Woche im Büro Meetings stattfinden, bei denen alle anwesend sein müssen. Somit wird das Büro zum Ort des persönlichen Austausches. Hierbei steht die soziale Arbeit wie das Mittagessen im Mittelpunkt.

Wie sieht die zukünftige Form der Arbeit aus?

Die BDA (Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände) sieht die Zukunft der Arbeit in einer Kombination aus Büroarbeit und Homeoffice. Das wäre ein guter Kompromiss, da bei 86 % der Unternehmen das Homeoffice möglich ist. Die Unternehmen möchten das Angebot ausweiten, da die Arbeitnehmer mit der Arbeit im Homeoffice sehr zufrieden sind. Wird das Angebot ausgeweitet, verbleiben die Arbeitnehmer länger im Unternehmen.

Wie sieht die Gewerkschaft Verdi die Arbeit im Homeoffice?

Verdi sieht das Büro als „sozialen Ort“. Die Gewerkschaft sieht neue Raumkonzepte gefordert. Da die meisten Mitarbeiter den unerträglichen Lärm und die Arbeitsbedingungen vor Ort nicht mehr ausgehalten haben. Das Büro wird dann als Ort für persönlichen Austausch gesehen. Laut Verdi müssen wieder mehr Einzelbüros für Zweiergespräche oder Gemeinschaftsräume geschaffen werden.

Welche Benefits werden noch geboten?

Da es in der IT-Branche zahlreiche Tätigkeiten gibt, die von zu Hause aus erledigt werden können, wird auch hier versucht, die Büroarbeit wieder attraktiver zu gestalten. Bei SAP werden den Mitarbeitern Sportmöglichkeiten und Kinderbetreuung geboten. Ein anderes IT-Unternehmen stellt einen praktischen Wäscheservice und die Möglichkeit, ein Abendessen mitnehmen zu können, zur Verfügung. Laut Professorin Böhlich von der IU Internationalen Hochschule in Bad Honnef müssen Unternehmen klare Regeln schaffen, damit die Mitarbeiter die Rückkehr ins Büro akzeptieren. Ihrer Meinung nach ist persönliche Präsenz sehr wichtig.

Apple bot seinen führenden Mitarbeitern tolle Büros mit schöner Aussicht und allen möglichen Extras. Dennoch wollte fast niemand ins Büro zurückkehren. Bei Malt hingegen sah das anders aus. Die beiden Gründer wohnten in Paris und Lyon. Das Geld war knapp und so ließ sich 2013 kein Büro realisieren. Deshalb arbeiteten alle Mitarbeiter übers Internet zusammen, was toll funktionierte. Die Menschen sollten sich besser kennenlernen und deshalb wurde ein internationaler Betriebsausflug nach Sevilla geplant. Das kam so gut an, dass danach dieses Thema in aller Munde war.

Für die beiden französischen Firmenchefs war klar, dass auch der physische Kontakt wichtig ist, da fast alle Mitarbeiter kleine Wohnungen hatten (Kosten). Sechs Jahre später unterhält Malt Büros in Amsterdam, Madrid, München, Brüssel, Lyon und Paris. Jedes Team mit mehr als 300 Mitarbeiter kann sich dafür entscheiden. Die meisten wählen zwei Tage Homeoffice und drei Tage Büro. Die Bürotage sollten flexibel sein, da die Anforderungen der einzelnen Teams unterschiedlich sind. Für die Geschäftsführung von Malt ist ein gutes Betriebsklima durch eine gesunde Vertrauens- und Teamkultur weitaus wichtiger als ein kostenloses Frühstück. Für Huguet (Malt) muss das Büro mehr zu bieten haben als die eigenen vier Wände. Deshalb gibt es bei Malt ein ganzes Stockwerk ohne Videoanrufe, wo in Ruhe gearbeitet werden kann.

Woran liegt es wirklich, dass die Menschen lieber in den eigenen vier Wänden arbeiten?

Den meisten Menschen geht es hauptsächlich um die Zeit- und Kostenersparnis sowie flexiblere Möglichkeiten, Familie und Job unter einen Hut zu bringen. Da das Betriebsklima vor der Pandemie in den meisten Fällen ziemlich schlecht war, ist es nur verständlich, dass fast niemand an diesen Ort zurückkehren möchte. Gesundheitliche Gründe bei einer langen Anreise sind ein weiterer nicht zu unterschätzender Aspekt. Jene Mitarbeiter, die sich schon vorher gut verstanden haben, trafen und treffen sich auch privat. Daran ändert die Form des Büros überhaupt nichts.

Singles tendieren aber eher dazu, Events für die Mitarbeiter zu besuchen. Das Büro als Ort des persönlichen Austausches hat es in der Realität vorher nicht gegeben und wird es auch jetzt nicht geben, wenn sich das Betriebsklima nicht ändert. Häufig sind es auch die chaotischen Arbeitsumstände, eine schlechte Organisation sowie eine mangelnde Informationskultur des Unternehmens. Das müsste sich zwangsläufig durch das Homeoffice zumindest so ändern, dass die Arbeit von zu Hause aus erledigt werden kann. Wenn sich die Situation im Büro noch verbessert, wäre das ein Anreiz dafür, es noch einmal zu versuchen. Die Pandemie bedingte Homeofficeregelung wurde wieder geändert, sodass viele Mitarbeiter oft nicht wirklich eine Wahl haben. Dieser Zwang ist mit ein Grund, warum sich viele Mitarbeiter weigern. Produktiver für den Betrieb ist das Homeoffice allemal, dennoch sehen viele Unternehmen darin keine Möglichkeit zur Kontrolle der Mitarbeiter. Auch das ist ein Grund, Mitarbeiter von der Produktivität abzuhalten. Dass Kontrolle nicht unbedingt das beste Mittel ist, die Produktivität zu steigern, sollte klar werden, wenn die Produktivitätsrate vor und während des Homeoffice-Betriebes betrachtet wird. Einige Studien haben gezeigt, dass die Menschen im Homeoffice weitaus produktiver waren. Die Mitarbeiter werden über kurz oder lang nur dann ins Büro zurückkehren, wenn sich die Unternehmer bewusst werden, dass auch Mitarbeiter Familien und ein Privatleben haben.

Was motiviert die Menschen, ins Büro zurückzukehren?

Zurück ins Büro gehen aus vorab genannten Gründen derzeit nur wenige Menschen. Die Menschen haben nämlich während der Pandemie etwas kennengelernt, das sie so nie erlebt haben: Selbstverwirklichung und ein beinahe normales Familienleben ohne ständigem Stress. Eine „funktionierende“, harmonische Familie und gesunde Kinder sind wichtiger als alles Geld der Welt. Das ist mit ein Grund, warum krankmachende Arbeitsverhältnisse doppelt so kritisch betrachtet werden als vor der Pandemie.

Wenn die Menschen zurückkehren sollen, dann nur mit Arbeitszeiten, die eine leistbare Kinderbetreuung ermöglichen, eine Kinderbetreuung vor Ort, ein besseres Betriebsklima, Büroräume, in denen in Ruhe und vernünftig gearbeitet werden kann. Die Klimatisierung am Arbeitsplatz war ebenso häufig Stein des Anstoßes. Niemand kann bei extremer Hitze, stickiger Luft, extremer Kälte oder ständigem Zug anständige Arbeit verrichten. Die Arbeitseinteilung und Organisation sowie der Informationsfluss müssen vor Ort erst recht stimmen.

Die Größe des Büros war häufig weniger wichtig als das Betriebsklima. Auch das sollte nicht vergessen werden: Nicht jedes Unternehmen und jede Arbeitssituation ist gleich. Es geht im Prinzip immer um eine Vielzahl von Dingen, also den Gesamteindruck, den ein Mitarbeiter hat und mit dem er jeden Tag leben muss. Nur, indem ein Feiertagsbier zusammen getrunken wird oder ein Mittagessen mit nach Haus genommen werden kann, wird das Problem nicht gelöst. Teambildung Events, die es schon vor dem Homeoffice gab, bringen nur etwas, wenn es auch das Problem trifft und sie gut sind. Viele Betriebe hatten nämlich genau aus diesen Gründen damit keinen Erfolg. Die Unternehmen dürfen eines nicht vergessen: Die Mitarbeiter können jederzeit bei einem anderen Arbeitgeber beginnen, da derzeit überall Fachkräftemangel herrscht.

Wie sieht das zukünftige Büro aus?

Einige Betriebe werden trotzdem das Homeoffice beibehalten. Der Großteil wird auf eine Mischform mit Anwesenheitstagen und Homeoffice-Tagen umsteigen. Das ist auch jenes Modell, das, wenn überhaupt, noch eher von den Mitarbeitern akzeptiert wird, um zurück ins Büro zu kehren. Die Mitarbeiter haben durch die Pandemie gelernt. Sie gehen zurück ins Büro, aber sind nicht mehr bereit, ein schlechtes Betriebsklima zu akzeptieren, egal, wie lange sie schon im Betrieb beschäftigt sind. Die Familie und ihre Gesundheit ist ihnen wieder wichtiger geworden. Daran ändern auch chice Firmen-Events nichts! Meetings und Teambesprechungen wird es auch im Büro als Ort für den persönlichen Austausch geben. Dinge, die das ganze Team betreffen, werden bis zu den Bürotagen, die flexibel sein werden, besprochen. Wichtiges, das nicht aufgeschoben werden kann, wird weiterhin im Homeoffice per Videokonferenz oder Telefon erledigt werden. Es wird auch eine flexiblere Kinderbetreuung geben müssen, denn ohne diese geht es nicht. Am besten ist ein Firmenkindergarten, aber davor sträuben sich die meisten Arbeitnehmer, weil er Kosten verursacht. Langfristig gesehen, bringen diese Betriebskindergärten nämlich einen deutlichen Mehrwert: Ein besseres Betriebsklima, zufriedenere, stressfreie und gesündere Mitarbeiter, die auch lieber wieder zurück ins Büro kommen!

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